Wolle & Seide färben im Kochtopf

Inhaltsverzeichnis

Es hat jetzt ein paar Stunden gedauert, bis das Färbebad abgekühlt ist und ich den Deckel vom Färbetopf öffnen kann. Ist der Farbton so geworden, wie ich ihn mir vorgestellt habe?

Warum färbe ich meine Materialien selbst?

Wolle selbst zu färben ist nicht schwierig. Es hat den Vorteil, das ich mir meine eigenen Farbtöne und Materialien, wie Wolle und Seide aussuchen und zusammen verarbeiten kann.  Die so entstehenden Farbnuancen sind wunderschön, sehr natürlich, harmonisch und lebendig. Auch bietet sich hier die Möglichkeit reproduzierbar zu färben, wenn ich das möchte.

Ich gebe dir hier eine Schritt für Schritt Anleitung zum Färben von Wolle und Seide mit Säurefarben. Vielleicht macht es dir genauso viel Freude wie mir. 

Das Färben von Wolle & Seide erweitert meine  Gestaltungsmöglichkeiten und macht Spaß.

In der Schule fand ich es schwierig, sich zu merken, welche Grundfarben ich miteinander mischen muss, damit ich braun oder violett habe. Heute finde ich es spannend, zu sehen was kleinste Veränderungen an der Rezeptur bewirken. 

Ist das Färben von Wolle & Seide nicht aufwendig?

Das Färben mit Säurefarbstoffen ist denkbar einfach. Die Farben sind sehr ergiebig, schwermetallfrei, licht- und waschecht. Der Farbstoff greift die Fasern  nicht an, so dass die Wolle weich und elastisch bleibt. Die Färbemittel gibt es in den Grundfarben gelb, rot, blau und schwarz. Mit diesen Farben lassen sich alle erdenklichen Mischfarben herstellen.  

Wolle färben mit Ashford

Was brauche ich an Materialien? 

Ich färbe meine Wolle und Seide mit Säurefarbstoffen von Luvotex oder Ashford. Säurefarbstoffe sind synthetisch hergestellte Substanzen in Pulverform, die in wässriger, schwach saurer Lösung färben.  Als Säurekomponente verwende ich Essigessenz, die allerdings in einer sehr hohen Verdünnung.

Säurefarbstoffe werden durch Hitze fixiert, also durch sanftes köcheln in der Farblösung. Dadurch quellen die Fasern auf und eine chemische Reaktion findet statt. Wer sich dafür interessiert dem empfehle ich das Buch von Gabriele Breuer “1000 Farben auf Wolle und Seide”. 

Mit den Säurefarbstoffen kann ich alle Proteinfasern färben, z.B. Wolle, Seide und Edelhaare wie Alpaka, Mohair und Kaschmir. Es spielt keine Rolle, ob die Wolle im Kammzug oder im Vlies ist, ebenso kann ich gesponnenes Garn, fertige Filzteile und Tücher aus Wolle oder Seide färben. Bei der Verwendung unterschiedlicher Fasern, z.B. Wolle/Seide-Mischung erhalte ich eine Schattierung der Farbtöne, da die Seidenfasern den Farbstoff anders annehmen als die Wollfasern. Dies ist von der Struktur, Grundfarbe und der Aufnahmefähigkeit der Faser abhängig. 

Für pflanzliche Fasern (Zellulose) muss ich Reaktivfarben (z.B. Procion) verwenden. 

Meine Wolle und Seide färbe ich praktischerweise in einem Einkochtopf. Dieser ist gut geeignet, da sich hier die Temperatur gleich regeln lässt. 

Außerdem brauche ich eine kleine Briefwaage zum genauen Abwiegen des Farbpulvers. Ich verwende eine Waage mit einer Genauigkeit bis unter 1g. 

Wolle färben mit Säurefarben

SICHERHEIT

Beim Färben mit Säurefarbstoffen solltest Du einige Vorsichtsmaßnahmen beachten:  

  • Arbeite bei guter Belüftung und atme die Dämpfe nicht ein, um eine Reizung der Atemwege zu verhindern.
  • Trage beim Anrühren der Farblösung eine Schutzmaske, um das Einatmen des Farbpulvers vermeiden. 
  • Trage Schutzhandschuhe, um deine Hände zu schützen. Das Farbpulver färbt auch menschliche Haut und Nägel 😉
  • Benutze die Utensilien, die zum Färben benutzt werden, nicht mehr zur Zubereitung von Lebensmitteln. 

Wie muss ich vorgehen?

1. Färbematerialien vorbereiten

Alle Färbematerialien (Wolle, andere Fasern und Stoffe) müssen im trockenem Zustand abgewogen werden, da sich nach diesem Gewicht und meiner gewünschten Farbintensität die Menge meines Farbpulvers richtet. 

Beim Färben von Wolllocken oder Rohwolle, vorher immer gut in kaltem Wasser auswaschen um Schmutz und Fett zu beseitigen!

Nach dem Wiegen werden die Fasern erst einmal gut in kaltem Essigwasser eingeweicht um eine relativ gleichmäßige Färbung zu erzielen, dabei dem Einweichwasser einen Tropfen Spüli oder Wollwaschmittel zugeben. Am besten über Nacht stehen lassen.

Beim Färben von Seidenkammzug muss dieser vorher sehr gut eingeweicht werden, am besten in heißem Wasser, damit sich der Seidenkleber löst. Hilfreich ist hier auch ein Tropfen Spülmittel im Wasser. 

Während meine Färbematerialien einweichen kann ich mich mit den Farben beschäftigen und mir meine Rezeptur zusammen mischen. Beim Mischen meiner Farben muss ich auf die Zusammensetzung der Grundfarben achten. Damit es keine “Braune Brühe” wird, wie in der Schule mit dem Malkasten, an dieser Stelle ein kleiner Ausflug in den Farbkreis.

2. Klitzekleine Farbenlehre

So eine klitzekleine Farblehre muss sein, damit du weisst, was du da eigentlich tust. Durch Mischen der Primärfarben entstehen die Sekundärfarben. 

Gelb + Rot = Orange
Rot + Blau = Violett
Blau + Gelb = Grün

Durch Mischen jeweils einer Primärfarbe mit einer ihr benachbarten Sekundärfarbe entstehen weitere Sekundärfarben, z.B.:

Gelb + Orange = Gelborange
Rot + Orange = Rotorange
Blau + Grün = Blaugrün

Farbkreis

Mischungen von Farben, die sich im Farbkreis, genau gegenüberliegen (Komplementärfarben) ergeben interessante, gebrochene Farbtöne.

Zum Glück gibt es Farbtabellen, anhand derer man sich die Wunschfarbe aussuchen kann oder man erarbeitet sich mit der Zeit eigene Rezepturen. Viele schöne Farben findest du in dem Buch “1000 Farben auf Wolle und Seide” von G. Breuer. 

3. Farblösung herstellen

Zuerst sollte ich mir überlegen, welche Farbintensität meine Farbe haben soll. Die Farbtiefe wird durch die Farbstoffmenge pro 100 g Materialgewicht bestimmt. Sie kann sich zwischen 0,1 % und 6% (tiefschwarz) bewegen. Um eine helle, mittlere oder dunkle Farbe zu erreichen kannst du mit folgender Formel arbeiten. 

helle Intensität 0,5% Farbpulvermenge vom Materialgewicht
mittlere Intensität 1,5% Farbpulvermenge vom Materialgewicht
dunkle Intensität 2,5% Farbpulvermenge vom Materialgewicht

Wenn du von einer Färbung von 2% ausgehst, brauchst du für 100g Wolle 2g Farbpulver. Eine Färbung von 2% ergibt eine schöne Farbe, die nicht zu hell und nicht zu dunkel ist. 

Notiere dir deine Färberezepturen; die Materialmenge, die Färbeintensität und die Zusammensetzung deiner Wunschfarbe. So lassen sich beim nächsten Mal leichter Veränderungen an der Rezeptur vornehmen bzw. kannst du so reproduzierbar färben. Ich habe mir dafür ein kleines Färbebüchlein angelegt.

Das Farbpulver mischst du in einem kleinen Behälter mit ein wenig heißem Wasser zu einer Paste an. Dann genügend heißes Wasser zugeben, damit sich das Pulver löst. Diese Färbelösung gibst du dann zu deinem Färbebad.

Anfangs habe ich viel ausprobiert, manchmal war das Ergebnis wunderschön, manchmal half nur noch einmal überfärben. Mit der Zeit haben sich aber einige Farben und damit Rezepturen durchgesetzt und sind zu meinen Lieblingsfarben geworden. Ich finde die Farben untereinander alle sehr harmonisch und wunderbar kombinierbar. 

Wolle und Seide färben lernen

4. Meine Lieblingsrezepturen

Hier verrate ich dir jetzt meine Lieblingsfarben – Rezepturen. Ich verwende meist die Farbpulver von Luvotex oder Ashford. Meiner Meinung nach funktioniert es mit den SEWO-Color oder WoSi-Farben von Filzrausch genauso gut. 

Für 500 g Material benötige ich bei einer mittleren Farbintensität insgesamt 10 g Farbpulver.
Das setzt sich bei den einzelnen Farben wie folgt zusammen: 

Honiggelb 0,5 g blau + 0,3 g rot + 0,7 g orange + 8,5 g gelb

Terrakotta 0,25 g blau + 1,5 g rot + 3 g orange + 5 g gelb + 0,25 g schwarz

Bordeauxrot 4,6 g rot + 4,6 g gelb + 0,8 g schwarz

Aubergine 3,5 g blau + 3,5 g rot + 2 g orange + 1 g gelb

Herbstbraun 1,5 g blau + 1,5 g orange + 0,5 g rot + 6,5 g gelb

Graublau 5,5 g blau + 0,8 g rot + 0,7 g orange + 3 g gelb

Olivgrün 1,5 g blau + 0,3 g rot + 0,7 g orange + 7,5 g gelb

Meistens bleibe ich bei diesen Grundrezepturen und variiere dann mit der Farbintensität. Probiere doch einmal, naturfarbene Wolle, zum Beispiel grau zu überfärben. Du wirst staunen, was sich da für wunderschöne harmonische Farbnuancen ergeben.

Wolle und Seide selbst färben

5. Färbevorgang

Das eingeweichte Färbematerial gut ausdrücken, es sollte nicht mehr tropfen. Dann den Färbetopf mit etwas Wasser füllen (am besten gleich das Einweichwasser nehmen, da ist 
schon etwas Essig drin) und das Färbematerial locker hinein legen. Für 200 g Wolle brauchst du ungefähr 10 l Wasser. Das Färbematerial sollte in reichlich Wasser liegen. Da der gesamte Farbstoff in die Wollfasern eindringt, hat die Wassermenge keinen Einfluss auf die Farbtiefe.    

Dann gebe ich meine Farblösung vorsichtig dazu und verteile sie mit einem Holzlöffel sanft auf meiner Wolle. Dabei darauf achten, dass keine hellen Stellen übrig bleiben. Nun kann ich meinen Topf anschalten und die Temperatur langsam erhöhen. Für helle bis mittlere Farbtöne auf eine Temperatur von 80°C und für mittlere bis dunklere Farbtöne auf 95°C erhitzen, ca. 45 min sanft köcheln lassen. Für tiefe Farbtöne noch etwas zusätzlichen Essig zufügen und länger köcheln lassen. Nach erfolgreicher Färbung muss das Farbbad sauber und frei von Farbstoff sein.

Während des Färbevorgangs nicht im Topf rühren! 

Ich lasse meinen Färbetopf immer über Nacht auskühlen. Je länger das Färbematerial nach dem Färben ruht, umso wasch- und lichtechter wird die Farbe. Dann in klarem Wasser, das die gleiche Temperatur wie Wolle hat auswaschen. Dazu leicht hin und her bewegen bis das Wasser klar ist. Vorsichtig ausdrücken, wenn möglich schleudern und wie gewohnt trocknen. 

Sollte doch einmal noch etwas Farbe im Färbewasser übrig geblieben sein, dann kann man dieses mit einem Stück Seide noch einmal erhitzen und die Seide färben. Seidenstoffe sind ein dankbarer Resteschlucker.

Wenn die Wolle dann so schön im Regal liegt, sprudeln schon die nächsten Filzideen. Diese schöne Wolle und dieser tolle Seidenstoff… das wird bestimmt ein ganz wunderbarer Filzschal. 

Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Ausprobieren und einem genialen Farbrausch! Hab Mut zur Farbe und probiere aus, so leicht geht nichts schief!

Wie sind deine Erfahrungen mit dem Färben von Wolle? 

Hast du Fragen oder ist die etwas unklar, dann hinterlasse mir gerne einen Kommentar.

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Ina ♥

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Ina Birke Filzgestalterin

Ich bin Ina Birke:  die Frau im Atelier filzgewandt.
Ich bin Filzgestalterin, Dozentin und Expertin für das Filzen lernen im Internet. Ich habe eine große Leidenschaft für feine Filze und eine unendliche Neugier dafür, was alles in Filz möglich ist.

Gerne teile ich mein Wissen und meine langjährige Filzerfahrung mit dir in meinen Onlinekursen. Du bist bei mir genau richtig, wenn du selbst lernen möchtest, wie man wundervolle Dinge aus Filz selbst herstellen kann: mit Plan, Struktur und viel Kreativität. 

Besonders viel Wert lege ich auf den gegenseitigen Austausch meiner Teilnehmerinnen untereinander. 

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