Filzen mit dem Schwingschleifer

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Ich finde es so faszinierend, wie ich nur mit meinen Händen aus zarten Wollfasern und etwas Seifenwasser die verschiedensten Dinge entstehen lassen kann.

Bestimmt hast du auch schon mal von der Verwendung eines Schwingschleifers beim Filzen gehört, weißt aber nicht, wie das funktioniert, worauf du achten musst und ob sich das überhaupt mit dem Gefühl des traditionellen Filzens verträgt.

Lange habe ich mich dagegen gesträubt, technische Hilfsmittel wie einen Schwingschleifer zum Filzen zu benutzen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich das mit dem fast schon meditativen Gefühl verträgt, wenn meine Finger langsam und sanft über die Wollfasern wandern. Irgendwann siegte dann doch meine Neugier und ich musste die Sache mit dem Schwingschleifer unbedingt mal ausprobieren. 

In diesem Artikel werde ich darüber sprechen, wann und warum der Einsatz eines Schwingschleifers während dem Filzen sinnvoll sein kann. Du wirst erfahren, welcher Schwingschleifer sich eignet und was du dabei beachten musst, um sicher und effektiv zu arbeiten und trotzdem das Gefühl beim Filzen nicht verlierst.

Wann ist der Einsatz eines Schwingschleifers beim Filzen sinnvoll?

Du fragst dich nun vielleicht, wie genau ein Schwingschleifer in den Filzprozess passt, oder? Nun, es gibt verschiedene Möglichkeiten, elektrische Werkzeuge als Hilfsmittel einzusetzen. 

Aber zuerst ist es unbedingt notwendig, ein Verständnis für den Filzprozess zu entwickeln und diesen erst einmal durch Handarbeit kennenzulernen. Durch die manuelle Arbeit lernen deine Hände, wie sich die Wollfasern bzw. der Filz anfühlt, in welchem Stadium er sich befindet und was als nächstes zu tun ist.

Der Schwingschleifer ist in keinem Fall dazu da, den Filzprozess komplett zu übernehmen. Er ist mehr ein Assistent, der in bestimmten Schritten einspringt, um dir die Arbeit zu erleichtern. 

Warum kann ein Schwingschleifer bestimmte Arbeitsschritte übernehmen?

Damit Wollfasern miteinander verfilzen können, müssen sich diese unter bestimmten Bedingungen bewegen und miteinander dauerhaft verbinden können. 

Bei feuchter Wärme öffnen sich die Schuppen der Wollfasern, die Fasern beginnen zu wandern und sich untereinander zu verhaken. Wir können diese Bewegung während dem Filzprozess steuern und so sicherstellen, dass sich die Wollfasern immer mehr verdichten – es entsteht ein Wollfilz.  

Du ahnst es bestimmt schon, in diesem Prozess kann uns der Schwingschleifer unterstützen. 😊

Welcher Schwingschleifer ist nun der richtige für deine Filzarbeiten?

Zunächst einmal gibt es verschiedene elektrische Schwingschleifer. Für unsere Zwecke eignen sich Geräte mit Kabelanschluss oder Akku am besten. Damit du unbedingt weiter in Ruhe arbeiten kannst, achte bei der Auswahl auf ein vibrationsarmes Gerät, das nicht ganz so laut ist. Niemand möchte einen Schwingschleifer, der so laut ist, dass er die Nachbarschaft aufweckt.

Günstig ist ein Gerät, bei dem das Schleifpapier mit speziellen Klammern auf die Grundplatte gespannt wird. Statt des Schleifpapiers verwendest du ein Stück Moosgummi und spannst zusätzlich noch ein Stück Noppenfolie (glatte Seite nach unten) ein. Lass die Noppenfolie seitlich etwas überstehen, damit kein Wasser in die seitlichen Öffnungen gelangt. 

Tipp:
Wenn du wirklich auf Nummer sicher gehen möchtest, kannst du die Löcher in der Schleifplatte noch mit Heißkleber versiegeln, um zu verhindern, dass Wasser in den Schwingschleifer eindringt. 

Filzen mit dem Schwingschleifer

Wie funktioniert so ein Schwingschleifer überhaupt? 

Ganz einfach: der Motor versetzt die Grundplatte in Bewegung und die entstehenden Schwingungen werden auf die darunter liegende Fläche übertragen. So werden die Fasern in Bewegung gebracht und können sich miteinander verbinden und verfestigen. 

Wann genau kommt nun der Schwingschleifer zum Einsatz? 

Das Vorfilzstadium ist der Zeitpunkt, an dem dein neuer Assistent zur Tat schreiten kann. Nachdem du das gesamte Design sorgfältig auf deiner Wollfläche angeordnet hast, feuchtest du alles mit etwas warmen Seifenwasser an und drückst es mit einer Noppenfolie oder Gaze etwas platt. Dann nimmst du dir deinen präparierten Schwingschleifer, schaltest diesen ein und platzierst ihn zuerst am äußeren Rand deiner Filzfläche. An dieser Stelle lässt du ihn für ca. 5 bis 10 Sekunden ruhen, bevor du ihn an der nächsten Stelle wieder aufsetzt. Das Gerät darf dabei nicht hin und her bewegt werden, damit die Wollfasern nicht auseinander geschoben werden. So wird die komplette Fläche bearbeitet. Verwende nicht zu viel Wasser, um eine unerwünschte Dusche zu vermeiden.  

Sobald du die gesamte Fläche auf diese Weise vorbereitet hast, setzt du deinen Filzprozess wie gewohnt fort – rollen, werfen, kneten und reiben der Oberfläche bis du die gewünschte Qualität/ Stabilität erreicht hast. 

Denke daran, dass die Bewegungen des Schwingschleifers an der Oberfläche bleiben und nicht in die Tiefe dringen. Daher ist es bei dickeren Filzstücken ratsam, das Werkstück nach dem Anfilzen zu wenden und auch die “Rückseite” mit dem Schwingschleifer zu bearbeiten.   

Klingt nach einer Abkürzung, oder?
Das Anfilzen der Oberfläche wird mit dem Schwingschleifer auf jeden Fall etwas einfacher gemacht und manchmal spart man auch etwas Zeit ein. Übrigens  kannst du den Schwingschleifer auch im späteren Walkprozess direkt auf dem Filz erneut einsetzen, um deine Filzoberfläche weiter zu verdichten. 

Die Auswirkungen des Schwingschleifers auf das Filzvergnügen

Und was ist nun mit der Ruhe und dem meditativen Gefühl beim Filzen? Dieses Gefühl ist dir beim Filzen wahrscheinlich genauso wichtig wie mir.

Filzen bedeutet für viele, zur Ruhe zu kommen, sich auf die Tätigkeit zu konzentrieren und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Dieses Gefühl möchte ich auf keinen Fall beim Filzen vermissen. 

Nachdem ich nun schon eine Weile bei einigen Projekten einen Schwingschleifer beim Anfilzen verwende, kann ich beruhigen: Das meditative Filzgefühl bleibt größtenteils erhalten

Der Einsatz des Schwingschleifers ist ein verhältnismäßig kurzer Moment im gesamten Filzprozess. 

Das Gefühl der Wolle beim sanften Auslegen der einzelnen Fasern, die Entstehung des Filzes und die Veränderung zu spüren, sowie Einfluss auf das Ergebnis nehmen – das geschieht immer noch direkt mit meinen Händen. Das ist nach wie vor Handarbeit und das haptische Erlebnis beim Filzen geht nicht verloren

Eins ist klar:
Du kannst definitiv von einem Schwingschleifer profitieren, um die körperliche Anstrengung beim Filzen zu verringern. Aber merk dir eins: Es ist kein Freifahrtschein, um den ganzen Filzprozess von einer Maschine erledigen zu lassen. Kleine Schritte können durch technische Hilfsmittel ersetzt werden, aber du musst die Kontrolle behalten.

Verstehe zuerst jeden einzelnen Schritt des Filzprozesses. Du musst wissen, was deine Wollfasern tun und wie du sie beeinflussen kannst. Nur dann macht der Einsatz eines Schwingschleifers wirklich Sinn. 

Probier es aus, aber vergiss nicht – die Liebe und Sorgfalt, die du in jedes Filzstück steckst. 

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Ina Birke Filzgestalterin

Ich bin Ina Birke:  die Frau im Atelier filzgewandt.
Ich bin Filzgestalterin, Dozentin und Expertin für das Filzen lernen im Internet. Ich habe eine große Leidenschaft für feine Filze und eine unendliche Neugier dafür, was alles in Filz möglich ist.

Gerne teile ich mein Wissen und meine langjährige Filzerfahrung mit dir in meinen Onlinekursen. Du bist bei mir genau richtig, wenn du selbst lernen möchtest, wie man wundervolle Dinge aus Filz selbst herstellen kann: mit Plan, Struktur und viel Kreativität. 

Besonders viel Wert lege ich auf den gegenseitigen Austausch meiner Teilnehmerinnen untereinander. 

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